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oder: das ist kein lustiger blogg. nein.

7/13/2009

reden wir darüber?

burnout, depressionen, nervenzusammenbruch, psychiater... es scheint so zu sein, als gäbe es noch immer themen, über die auch heute nicht oder wenig geredet wird. außer unter betroffenen, die doch eine große offenheit untereinander an den tag legen - trotzdem geht es immer wieder um die frage: erzähl ich den leuten, was ich habe?

ich hab schon die schönsten ausreden gegenüber chefs und familien gehört - von magengeschwüren bis zu krebs... hauptsache, es dauert lange und ist schmerzhaft. eigenartigerweise ist es für unsere mitmenschen einfacher zu akzeptieren, dass wir krebs haben, als an depressionen oder burnout zu leiden ... oder eher erkranken? denn letztendlich ist es nichts anderes. eine krankheit. an depressionen "leidet" man allerdings. an krebs "erkrankt" man. klingt immer irgendwie ein bisschen so, als ob depressionen etwas sind, an dem man schuld hat. und viele betroffene betrachten es auch oft als ein solches leiden - andere haben das nicht, also hab ich was falsch gemacht/ bin ein schwächling/ habe einfach nicht die nervenstärke... wie peinlich! für krebs/ magengeschwüre/ rückenleiden "kann man nix". das ist dann eben da. das macht es einfacher. ehrlich? hmmmm.

viele leute verbinden mit depression, die schlimmsten vorstellungen, selbstmord, verwahrlosung, wahnsinn, halluzinationen ("ich hab es ja immer gewusst, dass der nicht richtig tickt!")... kann man darüber reden? ist ein blödes thema für smalltalk. und genauso wenig nachvollziehbar, wenn einem ein augenscheinlich gesunder und fröhlicher mensch gegenüber sitzt, der gar nicht irre aussieht... jemand muss schon ordentlich leidend aussehen, damit ich glaube, dass er krank ist!
krankheiten des geistes sind eben oft unsichtbar für außenstehende... und kaum zu merken. wer selbst noch nie in der situation war, hat nur vage vorstellungen davon und wagt auch kaum zu fragen. auch wenn viele fragen da sind. andererseits - will ich das wissen, dass mein gegenüber ein empfindlicher mensch ist, der probleme und sorgen hat? eher nicht so... magengeschwüre sind einfacher zu verstehen.

der unangenehmste gedanke für viele betroffene ist eben, das gefühl zu haben, dass man zu wenig "belastbar" ist - ein riesengroßes stigma in unserer zeit. "der kann nix ab! der schafft das nicht...." kein mensch will, dass so etwas über einen gesagt wird. niemand will behandelt werden wie ein rohes ei oder ein verrückter (sag bloß nix! sonst dreht er wieder durch!). obwohl es zum teil durchaus was für sich hat - plötzlich werden viele verhaltensweisen, die man an den tag legt, überraschend schnell entschuldigt... "naja... dass sind nur wieder die nerven!". einen amtlichen knall zu haben, kann einem viel freiraum schaffen.

das kuriose ist, dass ich festgestellt habe, dass die meisten, die unter burnout, depressionen, angstzuständen und ähnlichem leiden, eben genau das gegenteil sind - nämlich extrem belastbar. viel zu sehr, für die meisten... betrachtet man sich die hintergrundgeschichten und lebensumstände von vielen, so stellt man fest, dass sie unter enormem emotionalen, privaten und beruflichen stress gestanden haben. und situationen gemeistert und bewältigt haben über lange zeit, an denen andere bereits gescheitert wären... sie muten sich, ihrem geist und körper so viel zu, dass es oft schon übermenschlich ist. und sind dennoch nicht zufrieden mit sich. oft ist es das, was diejenigen in die überforderung treibt... so erstaunlich es klingt - grade die viele "leistungsträger" kommen irgendwann genau an diesen punkt.
und vielleicht ist es vielen genau deswegen auch so unangenehm, darüber offen zu sprechen. klar - wenn ich mit situationen nicht fertig werde und überfordert bin, enttäusche ich sicher den einen oder anderen. ich bin nicht so gut und so perfekt, wie ich gern wäre der wie ich immer war. und das muss ich jetzt auch noch sagen! ein alptraum!

letztendlich ist es dennoch nichts anderes als eine krankheit. wie so viele krankheiten, die letztlich auch oft auf überforderung und seelische belastung zurückzuführen sind, spricht man einmal mit physiotherapeuten und ärzten... migräne, suchterkrankungen, magengeschwüre, rückenschmerzen... die liste ist lang. mit diesen krankheiten können wir allerdings besser umgehen. da kann man drüber reden.

ein bekannter sagte: "es ist doch merkwürdig. kein mensch würde auf die idee kommen, wenn er kopfschmerzen hat, keine tablette zu nehmen. wenn ich aber sage, ich habe depressionen und nehme antidepressiva, dann gucken mich alle komisch an...?" am ende ist es so. man ist krank und man wird behandelt. man nimmt medikamente und bekommt eine therapie. und man wird wieder gesund und sorgt nach kräften dafür, dass man es bleibt. nicht mehr und nicht weniger.
und darüber kann man auch reden.... finde ich.

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4 Comments:

Anonymous merowech said...

Es ist neben den Medikamenten auch hilfreich die Ursachen des Leidens auszumachen und diese zukünftig zu vermeiden.

9:43 AM

 
Blogger niniwe said...

ja, ganz genau... darum ist zu 99% auch eine therapie bestandteil einer solchen behandlung. was weniger mit gut zu reden oder zuhören zu tun hat, als mit der sachkundigen hilfe eben solche ursachen zukünftig in den griff zu kriegen... und zu vermeiden. auch wenn viele immer glauben, man legt sich auf eine couch und redet über seine verkorkste kindheit... ;-)

medikamente allein können da in der tat wenig ausrichten, da sie eben nur symptome bekämpfen.

1:00 PM

 
Anonymous Anonym said...

Wenn Sie ohne eine einzige Bewegung des Denkens bei dem verweilen, was Sie Leid nennen, dann verwandelt sich das, was Sie Leid genannt haben. Es wird zur Leidenschaft.
(Krishnamurti)

11:05 AM

 
Anonymous Corwin said...

@Anonym
Mitunter wahre Worte. Manchmal, aber ncht immer. Allerdings erschließt sich mir der Zusammenhang, sollte es überraschenderweise einen geben, nicht so ganz. Und ich bin teils durchaus in der Lage, um Ecken zu denken. ^^

9:31 PM

 

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